RA Dr. Ralf Glandien
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Fachanwalt für Mietrecht &
Wohnungseigentumsrecht

Schornstein: Nicht sondereigentumsfähig, zwingend Gemeinschaftseigentum

Eine Eigentümergemeinschaft stritt darum, wie Arbeiten an einem Schornstein rechtlich zu bewerten seien. Der betreffende Kamin wurde nur von einer Partei genutzt, was dafür hätte sprechen können, dass es sich um Sonder- und nicht um Gemeinschaftseigentum handelt. Die Antwort auf diese Frage ist von großer Bedeutung, weil sich daran orientiert, ob ein einzelner Eigentümer stets zwingend auf die Zustimmung der Gemeinschaft angewiesen ist oder manche Dinge auch selbst in die Hand nehmen kann. Die Entscheidung des Landgerichts Berlin II ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Schornsteine gehören regelmäßig zu den Teilen des Gebäudes, die für dessen Sicherheit erforderlich sind. Sie sind damit nicht sondereigentumsfähig und stehen zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum. Das gilt auch dann, wenn der Schornstein – wie hier – nur einem Wohneigentum dient.“

Landgericht Berlin II, Az. 85 S 52/23

Fehlgeschlagene Kontktaufnahmen: Gemeinschaft unternahm zu wenig

Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) verlangte von einem Mitglied im Zusammenhang mit Sonderumlagen und Jahresabrechnungen eine Zahlung von 59.300 Euro. Nachdem erste Kontaktversuche mit dem im Ausland lebenden Eigentümer erfolglos blieben, holte die GdWE eine Auskunft des Einwohnermeldeamts ein. Derzufolge konnte die Anschrift des Eigentümers nicht ermittelt werden. Mithilfe dieser Auskunft erwirkte die GdWE die öffentliche Zustellung der Klage und eines zwischenzeitlich ergangenen Versäumnisurteils – allerdings ohne zuvor zu versuchen, den Eigentümer über eine ihr bekannte E-Mail-Adresse zu erreichen.

Der Eigentümer, der zwischenzeitlich von dem Vorgang Kenntnis erhalten hatte, meinte, die öffentliche Zustellung der Klage und des Versäumnisurteils seien unzulässig gewesen. Er sah seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Der Bundesgerichtshof teilte seine Auffassung. Die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung lagen nicht vor. Die GdWE habe nicht alle geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen angestellt, um den Aufenthalt des Eigentümers zu ermitteln und eine öffentliche Zustellung zu vermeiden.

Bundesgerichtshof, Az. V ZR 117/23

Sanierungsbedürftige Parkpaletten: Sondereigentum nie wirksam begründet

In einer Teilungserklärung aus dem Jahr 1996 waren 18 Tiefgaragenstellplätze auf horizontal verschiebbaren Parkpaletten dem Sondereigentum zugeordnet. Auch im Grundbuch waren sie jeweils als Sondereigentum gebucht. Die Wohnungseigentümer meinten nun, die zwischenzeitlich sanierungsbedürftigen Palettenstellplätze seien abweichend von der Teilungserklärung niemals sondereigentumsfähig gewesen. Daher seien die Miteigentumsanteile, die mit dem Sondereigentum an den Palettenstellplätzen verbunden sein sollen, tatsächlich nur „isolierte Miteigentumsanteile“. Das Grundbuchamt lehnte aber die dahingehend begehrte Änderung ab. Es war der Meinung, dass entgegen der Auffassung der Eigentümer von Anfang an wirksam Sondereigentum begründet worden sei. Zu Unrecht, so der Bundesgerichtshof. An den Stellplätzen sei kein Sondereigentum begründet worden. Erst seit der WEG-Reform 2020 gelten Garagenstellplätze als sonderrechtsfähige abgeschlossene Räume, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. Nur dann sind sie auch sondereigentumsfähig.

Bundesgerichtshof, Az. V ZB 46/23

WEG-Verwaltung bediente sich vom Konto: Tatbestand der Untreue erfüllt

Aus verschiedenen Gründen stritt sich eine Eigentümergemeinschaft mit der Verwalterin. Schließlich wurde die Verwaltung in einer Eigentümerversammlung aus wichtigem Grund abberufen und der Verwaltervertrag fristlos gekündigt. Rund eine Woche später entnahm die Verwaltung vom Konto der Gemeinschaft rund 26.000 Euro. Eine Rückzahlung lehnte sie ab. Aufgrund des Verwaltervertrags sei sie berechtigt gewesen, ihre Grundvergütung vom Konto der Gemeinschaft zu entnehmen. Dieser Vorgang erfülle den Tatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB, stellte das Amtsgericht Köln klar. Die Verwaltung war nicht berechtigt, zukünftige, noch nicht fällige Vergütungsansprüche zu vereinnahmen.

Amtsgericht Köln, Az. 202 C 6/23

Unzulässige Majorisierung: Mehrheitseigentümer wählte sich selbst zum Verwalter

In einer aus zwei Personen bestehenden Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) hielt eine Eigentümerin 400/1000 Miteigentumsanteile, der andere Eigentümer 600/1000 Miteigentumsanteile. In einer Eigentümerversammlung wurden mit den Stimmen des Mehrheitseigentümers mehrere Beschlüsse gefasst. Laut einem der Beschlüsse wurde der Mehrheitseigentümer für fünf Jahre gegen eine Vergütung von 25 Euro pro Wohnung und Monat zum Verwalter bestellt. Die Minderheitseigentümerin erhob gegen die Beschlüsse Anfechtungsklage. Der Bundesgerichtshof gab ihr Recht. Der Beschluss über die Verwalterbestellung des Mehrheitseigentümers könne unter dem Gesichtspunkt der Majorisierung anfechtbar sein. Zwar war das Stimmrecht des Mehrheitseigentümers bei der Beschlussfassung über seine Bestellung zum Verwalter nicht ausgeschlossen. Die Belange der Minderheitseigentümerin sind in diesem Fall aber unter anderem durch den Grundsatz von Treu und Glauben und den Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung zu wahren.

Bundesgerichtshof, Az. V ZR 215/21

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